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    Pflanzendrinks unter der Lupe

Pflanzendrinks unter der Lupe

Hafer, Reis, Mandel oder Kokos – sie sind die Basis der zunehmend beliebten Pflanzendrinks. Häufig ist es aus gesundheitlicher Überzeugung, warum gerne zu pflanzlichen anstatt tierischen Produkten gegriffen wird. Ein sinnvoller Ansatz, der als alleinige Maßnahme für eine gesündere Auswahl jedoch nicht ausreicht.

Pflanzendrinks sind seit einigen Jahren zunehmend beliebt – sei es aus gesundheitlichen aber auch aus ökologischen oder ethischen Gründen. Dabei greifen nicht nur Veganer oder Vegetarier zu pflanzlichen Milchalternativen, sondern auch immer mehr flexitarisch lebende Menschen. Sie verzichten nicht völlig auf tierische Lebensmittel, reduzieren deren Konsum aber bewusst.

Als Reaktion auf die zunehmende Nachfrage gibt es mittlerweile auch ein großes Angebot. Die Pflanzendrinks werden meist aus (Pseudo-) Getreidearten, Nüssen, Samen oder Hülsenfrüchten und mittels unterschiedlicher Verfahren hergestellt. Am Beginn steht das Vermahlen und Vermengen bzw. schon vorherige Einweichen mit Wasser, gefolgt von Filterprozessen sowie Homogenisierung und Wärmebehandlung zur Haltbarkeit ähnlich wie bei tierischen Produkten. Es gibt pure Varianten und solche mit Fruchtanteilen. Auch Zusätze wie Stabilisatoren oder Zucker können enthalten sein. Das vielfältige Sortiment ist beinahe unüberschaubar und der Gesundheitswert schwer vergleichbar geworden. Eine aktuelle Marktanalyse des vorsorgemedizinischen Instituts SIPCAN hat daher über 400 Produkte genau unter die Lupe genommen. Hier die Ergebnisse:

Über 400 Pflanzendrinks und Löffelprodukte im Check

„Wir nehmen bei unserem Milchalternativen-Check über 400 Produkte zum Trinken und Löffeln genau unter die Lupe. Damit wollen wir gerade ernährungsbewusste Konsument*innen mit vegetarischer bzw. veganer Ernährungsweise sensibilisieren und auch bei dieser trendigen Produktgruppe die gesündere Wahl zur leichteren machen.“ erklärt Studienleiter und Rauch Healthy Lifestyle Board Mitglied Dr. Manuel Schätzer. Als praxistaugliche Hilfestellung zur Produktauswahl wurden von SIPCAN deshalb auch diese leicht zu merkenden Orientierungskriterien für empfehlenswerte Milchalternativen festgelegt (Anm.: in Anlehnung an die entsprechenden Kriterien der WHO und der DACH-Referenzwerte):

• max. 6,7 Gramm Zucker pro 100 Gramm/Milliliter Produkt (inkl. natürlich enthaltenem Zucker)
• keine Süßstoffe und/oder Zuckeraustauschstoffe
• max. 4,2 Gramm Fett pro 100 Gramm/Milliliter Produkt

Haferdrinks im Sipcan Getränkecheck

Bundesweit wurden im Einzelhandel bzw. durch direkte Kontaktaufnahme mit der Lebensmittelindustrie Daten von 424 pflanzlichen Milchalternativen erhoben. Ein Vergleich mit den festgelegten Orientierungskriterien zeigte, dass immerhin fast zwei Drittel aller Produkte (276 bzw. 65 Prozent) diese erfüllen. Mehr als ein Drittel der Produkte (35 Prozent) war allerdings zu süß oder zu fettreich. So lag ein Viertel (26 Prozent) aller Produkte über dem Zuckergrenzwert von 6,7 Gramm und jedes zehnte Produkt (9 Prozent) enthielt zu viel Fett. Der durchschnittliche Zuckergehalt lag bei 4,6 Gramm und der durchschnittliche Fettgehalt bei 2,7 Gramm (pro 100 Gramm bzw. Milliliter). Äußerst positiv fiel auf, dass kein Produkt mit Süßstoffen gesüßt war.

Das Ausgangsprodukt beeinflusst die Nährwerte maßgeblich

In jenen Produkten, die rein auf Kokosbasis hergestellt sind, lag der Fettgehalt bei durchschnittlich 6,7 Gramm und damit deutlich über dem Orientierungskriterium von 4,2 Gramm (pro 100 Gramm bzw. Milliliter). Im Gegensatz dazu lag der durchschnittliche Fettgehalt bei Produkten auf Reisbasis bei lediglich 1,0 Gramm. Produkte aus Hafer, Soja, Kokos, Mandeln und Reis machen den Großteil des Sortiments aus. Hafer ist dabei mit einem Drittel aller Produkte mit Abstand die beliebteste Zutat. Bei fast einem Viertel (24 Prozent) der Produkte ist Hafer die alleinige Ausgangsbasis.
Nur 12 Prozent (51) der Produkte enthalten keines der obigen Ausgangsprodukte, sondern werden ausschließlich aus Buchweizen, Cashewkernen, Dinkel, Erbsen, Hanfsamen, Haselnüssen, Hirse, Lupinen, Paranüssen, Pistazien, Quinoa oder Roggen hergestellt.

Ein Bewusster blick auf die Nährwerttabelle

Besonders beachtenswert in diesem Produktsegment ist der Einfluss der Herstellungsmethode auf den Zuckergehalt. So gibt es beispielsweise Pflanzendrinks mit null Gramm Zucker und andere, deren Zuckergehalt über den SIPCAN-Orientierungskriterien liegt, obwohl in beiden Fällen kein Zucker zugesetzt wurde und dieser daher auch nicht auf der Zutatenliste zu finden ist. Der Grund dafür sind Enzyme, die bei manchen Produkten im Herstellungsprozess eingesetzt werden. Diese spalten die Kohlenhydrate des Ausgangsprodukts in Zucker auf, wodurch das Produkt auch süßer wird. Die Enzyme findet man jedoch nicht auf der Zutatenliste, da sie im fertigen Produkt nicht mehr nachzuweisen sind. So kann ein Produkt ohne Zuckerzusatz trotzdem Zucker enthalten. Gerade bei Milchalternativen ist es daher besonders wichtig, einen bewussten Blick auf die Nährwerttabelle und nicht nur auf die Zutatenliste zu werfen.

Bio macht keinen Unterschied bei Zucker und Fett

Ob es sich um ein Produkt in biologischer oder konventioneller Qualität handelt, hatte im SIPCAN-Check wenig Einfluss. So erfüllten in beiden Gruppen zwei Drittel der Produkte die Kriterien. Der durchschnittliche Zuckergehalt lag bei 4,7 Gramm (bio) bzw. 4,4 Gramm (konventionell), der durchschnittliche Fettgehalt bei 2,7 Gramm (bio) bzw. 2,8 Gramm (konventionell). 67 Prozent (283) waren Bio-Produkte.

Pflanzliche Alternativen oder tierische Milch?

In der Bevölkerung spürt man eine große Unsicherheit, wie tierische Milchprodukte nun aus gesundheitlicher Sicht zu bewerten sind. Fest steht, dass diese eine Reihe wichtiger Vitamine und Mineralstoffe enthalten, allen voran das für die Knochen essentielle Kalzium. Außerdem leisten sie einen wertvollen Beitrag für die Eiweißversorgung. Gesäuerte Milchprodukte wie zum Beispiel Joghurt enthalten zudem noch Probiotika, die einen positiven Einfluss auf unsere Darmgesundheit haben. „Aus allen diesen Gründen haben Milch- und Milchprodukte zurecht einen Platz in der österreichischen Ernährungspyramide“, betont Nadine Moser, Diätologin bei SIPCAN. Zwei Portionen zu je 250 g werden neben einer Portion Käse empfohlen.

Für all jene, die aus ökologischen, ethischen oder gesundheitlichen Gründen trotzdem auf tierische Milch- und Milchprodukte verzichten möchten bzw. müssen, stellen pflanzliche Produkte jedoch eine gute Alternative dar. „Sinnvoll ist es dann allerdings auch darauf zu achten, dass diese Produkte mit Kalzium angereichert sind oder genügend andere Kalziumquellen wie zum Beispiel kalziumreiches Mineralwasser konsumiert werden, um einer Unterversorgung vorzubeugen“ empfiehlt Moser.

Online Zucker-Check

Alle Produkte des neuen Milchalternativen-Checks können online gesucht und die Ergebnisse bzw. Nährwerte verglichen werden. Umfassende Download-Dokumente listen alle Produkte nach dem Namen oder Zuckergehalt auf und beinhalten umfassende Hintergrundinformationen und Empfehlungen. Alle Infos zum Check finden sich auf: www.sipcan.at/milchalternativen-check


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