Wenn Großmächte streiten, handeln Unternehmer

Wie ein kleiner Schritt über die Grenze den riesigen US-Markt sichert

Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und der EU sind keine Erfindung der aktuellen US-Regierung. Auch zu Beginn des neuen Jahrtausends hoben US-Behörden auf mehr und mehr EU-Produkte drastische Strafzölle ein, unter anderem auf Fruchtsaft-Konzentrate. Das traf natürlich auch Rauch, allerdings verschmerzbar: Viele US-Kunden, die man bis in die 1980er-Jahre beliefert hatte, waren ohnehin inzwischen auf billige Konzentrate aus China umgestiegen.

Deutlich kritischer betrachtete Red Bull diesen transatlantischen Konflikt. Der mittlerweile enge Partner von Rauch war nämlich gerade dabei, seine Flügel auch in Amerika weit auszubreiten; ein Strafzoll hätte Absturzgefahr bedeutet. Was tun? Direkt in den USA abzufüllen kam nicht in Frage.

Also schlug Rauch vor, den Abfüllbetrieb von Nüziders auf eine „neutrale Insel“ mitten im EU-Ozean zu verlegen: nur ein paar Kilometer in den Westen, in die Schweiz. In Widnau, gleich über dem Rhein, entstand gerade ein neuer Industriepark. Das zuständige Immobilienbüro, so Roman Rauch, „freute sich sehr über unsere Anfrage“.

Nachdem die Gemeinde auch der Errichtung einer neuen, anrainerfreundlichen Zufahrtsstraße zugestimmt hatte, begannen im Herbst 2004 auf dem 60.000 Quadratmeter großen Areal die Bauarbeiten für das neue Werk. Nur ein Jahr später nahmen 80 Mitarbeiter in den neuen Hallen die ersten zwei Dosenlinien in Betrieb.

Das Rauch-Werk in Widnau, CH. Gleich über der Grenze, aber außerhalb der EU und damit neutral bei allen Zollstreitigkeiten.